Liebe Kometenfreunde,
unserem Michael Jäger sind zwei bedeutende Aufnahmen gelungen. Er hat in zwei Nächten (15. und 25. April) eine Schweifstruktur des Kometen NEAT nachgewiesen (erstes Bild). Das Bild ist montiert und enthält beide Aufnahmen. Der helle Stern rechts oben ist 24 Comae (Coma das passt ja gut:). DIe Kometen-Koma ist sehr klein, es gibt einen winzigen, nur in einer vergrößerten Ansicht deutlich sichtbaren leicht gekrümmten Schweif. Und dann noch diese schnurgerade Schweifstruktur. Es ist kein Artefakt und auch nichts zfällig in der Nähe befindliches Objekt, denn es bewegt sich mit dem Kometen.
Im zweiten Bild habe ich ein paar Maße eingetragen und die Koma vom 15. April samt Umfeld vergrößert dargestellt.
Micha hat mich gebeten, das Ganze mit meinem Schweifsimulationsprogramm durchzurechnen. Es ergibt sich, dass dies die Reste eine Ausbruchs von 2015 sind. Die Einzelheiten:
Die Parameter dieses schmalen Schweifs bilden sich wie folgt:
1) Der Positionswinkel hängt vom Zeitpunkt des Ausbruchs ab.
2) Die Länge des Schweifs hängt von den Partikelgrößen ab.
3) Die Breite des Schweifs hängt von der Abströmgeschwindigkeit ab.
Zu 1-
Winkel: Ein Ausbruch ist eine einzelne Synchrone. Dies sind gerade Materie-Linien, welche in Ihrer Kontinuität den Schweif bilden. Hier ein Beispiel - die roten Linien sind Synchronen:

Wie man schön sieht, hängt der Positionswinkel der Synchrone vom Zeitpunkt ihrer Entstehung ab. Ich habe also erst einmal diesen Winkel simuliert, ohne auf die Länge der Synchrone zu achten. Ich habe 1700 Tage bestimmt, auf etwa 50 Tage genau.
zu 2-
Länge: Im Laufe der Zeit entfernen sich freigesetzte Partikel durch den Strahlungsdruck der Sonne vom Nukleus. Je leichter die Teilchen sind, desto weiter. Aus den Partikelgrößen ergibt sich die Länge des Schweifs, man kann auch die Partikel angeben, welche für die hellste Stelle (also eine Art Syndyne) verantwortlich sind. Also:
Die leichtesten Partikel haben sich am weitesten entfernt, die Gesamtlänge ergibt diesen Wert. Ich habe 130 µm bestimmt, Genauigkeit 10 µm.
Die schwersten Partikel sind noch nahe am Kometen. Sie sind für die kleine 4,5-Bogenminuten-Lücke zuständig, die man in der Vergrößerung sieht. Ich habe 3 mm bestimmt, auf einen halben Millimeter genau. Noch größere Partikel wären noch näher dran am Nukleus, diese findet man aber nicht.
Die Lage des Helligkeitsmaximums bei 1,1 Grad ab Nukleus gibt eine Häufung an. Ich habe hierfür 200 µm bestimmt, auf ca. 20µm genau.
zu 3-
Breite: Der Schweif ist 1-1,5 Bogenminuten breit. Die Grenzen sind diffus, der Wert nicht sonderlich genau. Die ABströmgeschwindigkeite ist sehr gering, wie bei solch großen Partikeln nicht anders zu erwarten. Ich habe 1 bis 5 mm je Sekunde bestimmt, genauer geht das nicht.
Es handelt sich um einen Ausbruch ca. 1700 Tage vor dem 15. April, also vom letzten Augustdrittel 2015. Eine Ephemeride von diesem Zeitpunkt zeigt, dass der Komet vom Perihel im Januar 2013 kommend schon wieder fast 5 AE von der Sonne entfernt war.
Code:
Date TT R. A. (2000) Decl. Delta r Elong. Phase m1 m2
2015 08 22 03 14 17.3 +05 41 43 4.4299 4.7194 100.4 12.2 20.5
Die letzten Messungen sind vom Februar 2015, im Oktober war er für Taras Prystavski nicht mehr auffindbar.
Code:
246 2015 10 08.62 C[18.2 UO 51.0Y 4a 47 ICQ XX PRYabI C 0.22mFL9 KA9 A48 U1 2.2s 2.2 Taras Prystavski
246 2015 02 06.10 C 16.9 UO 10.6R 5a 58 0.3 ICQ XX PRYabI C 0.35mSTL KA1 A48 5 P2 3.5s 3.5 Taras Prystavski
246 2015 01 07.78 C 17.0 MC 15.0R 7a 60 0.28 ICQ XX PRYabI C 0.34mSTL KA1 A48 5 P2 3.4s 3.4 Taras Prystavski
Es ist interessant, dass bei einem so inaktiven Kometen dennoch ein derartiger Ausbruch erfolgt. Da hauptsächlich große Partikel enthalten sind, ist es eher ein Abkrümeln oder ein Zerfall als eine Gasfontaine. Die Absoluthelligkeit in diesem Perihel liegt auch ca. 2 mag unter der des vorigen, wenn man denselben Aktivitätsparameter ansetzt.
Meine Simulation ist im letzten Bild zu sehen, die Syndyne (das Maximum der Helligkeit) ist auch enthalten. Hier die Simulationswerte:
Code:
cmttail -k246 -T20200415 -X50 -Y50 -S400 -B1.7 -N30 -C_1700 -c3000 -L3000 -t3000 -v0.001 -p130 -P3000
Code:
-k246 -T20200415 Komet und Zeit
-X50 -Y50 -S400 Lage des Nukleus im Koordinatensystem (also links unten) und Vergrößerung
-B1.7 Maßstab 1,7 Grad, wie in dem Foto
-N30 Pixel auf dem Bildschirm je Menge wirklicher Staub
-C_1700 eine Synchrone vor 1700 Tagen ...
-c3000 welche 3000 Mal soviel Staub ausstößt wie normal, einen Tag lang
-L3000 -t3000 Rechenfenster 3000 Tage
-v0.001 Abström-Geschwindigkeit 1 mm/s
-p130 -P3000 Partikel zwischen 130µm und 3 mm