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Hallo Martin
Es gibt eine Häufung von Kometenaufnahmen mit bis zu 4 Stunden Gesamtbelichtungszeit. Die meisten Bildautoren sind im Deep Sky Bereich geübt und haben keine Ahnung, welche Dynamik im Ionenschweif vorherrscht. Wir sollten in Zukunft zwischen echten Kometenbildern und Kometen-Art-Fotos unterscheiden. Zur Auswertung sind letztere unbrauchbar, aber ich denke, dass die Medien zukünftig stärker darauf hingreifen werden. Weil denen ist die echte Erscheinungsform der Kometen egal, Hauptsache das Bild ist bunt und schön anzuschauen. Ich hatte in der Früh noch einmal in Mini-Wolkenloch - wieder 2x60 Sekunden Gruß Michael
Hallo Michael, hallo Kometenfreunde,
die Dynamik im Ionenschweif ist schon extrem, keine Frage. Da ist es bei schwachen Kometen (oder kontrastarmen Bildern, den Kometen selbst betreffend) aber schwierig zu entscheiden, ob da wirklich nichts an Dynamik vorliegt...
Wenn es nicht gelingt, mit einer Einzelaufnahme den Ionenschweif oder/und klare Strukturen darin deutlich zu erkennen (oder man sich nicht genug Zeit dafür nimmt oder nehmen kann), führt kein Weg am Stacken vorbei. Und da ist DeepSky-artig angesagt: je mehr Aufnahmen, desto besser. Dass dadurch die Kontraste im Schweif noch mehr verwischt werden, kann man ja vorher nicht wissen. Die Dynamik lässt sich erst durch "die eine Messung" (und für mich ist eine Kometen-Einzelbildbelichtung nüchtern betrachtet nichts anderes; als Physiker darf man das so sehen) im Vergleich zu "weiteren Messungen" erkennen. Ein "echtes Kometenbild" ist dennoch eines, was kurz belichtet (eventuell gestackt aus wenigen Aufnahmen) möglichst nur wenig Strukturen verwischen lässt.
(Nebenbei: Ich brauche auch deshalb so lange mit der Bildbearbeitung, weil ich mir alle kalibrierten und auch später auf den Kometen registrierten Einzelaufnahmen nacheinander langsam animiert auf dem Bildschirm ansehe, um irgendwelche Unzulänglichkeiten zu erkennen. Und wenn dabei Strukturen auftauchen, noch dazu veränderliche: umso besser !)
Um nun aber möglichst viel vom Schweif (in Länge und Ausdehnung; geht mir mit den Teleobjektiv-Aufnahmen selbst oft so) zu zeigen, kann man nicht umhin, möglichst alle Bilder zu stacken. Und dann kommt es unvermeidbar zum mehr oder weniger verwischten Ionenschweif oder "Wölkchen" daneben.
Es muss aber jedem klar sein, dass diese "Kometen-Art-Fotos" viel weniger mit dem tatsächlichen Aussehen der Kometenerscheinung zu tun haben könnten, als "Kurzzeit-Aufnahmen" des Kometen, wenn denn solche zur Verfügung stehen, die andere Strukturen zeigen. Wenn diese Kurzzeitbelichtungen als Animation über der Zeit dargestellt werden, kann man sich bald vorstellen, was beim Stacken rauskommt. Den Kometen betreffend ist es dann so, als hätte man die ganze Zeit belichtet, und die Sterne dabei fast ausblenden können (wenn man sigma-stackt).
Klar fahren die Medien viel mehr darauf ab, wenn möglichst viel und möglichst bunt etwas zu sehen ist. Das gilt im DeepSky-Bereich erst recht. Spätestens wenn ein H-alpha-Bild dem Farbbild "beigemischt" wird, muss bei korrekter Bildbeschriftung jedem klar sein, dass das ein Falschfarbenbild ist (zumindest keine natürliche Ansicht im visuellen, sei ein Teleskop auch noch so groß).
Klar machen wir alle oft Kometen-Art-Fotos: nur selten kommt schon bei einem Einzelbild genug an Strukturen-Kontrast raus, um Veränderungen in der Abfolge der Einzelbilder feststellen zu können. Dann sieht das gestackte Bild aber bei fast allen von uns recht ähnlich aus...
Und nun ist erstmal "Schicht" für heute abend.
Da die Remote-Sternwarte wieder läuft, schaue ich noch den sich verändernden Strukturen im Ionenschweif zu, die faste alle 2,5 min mit jedem neuen 2min-Einzelbild sichtbar anders aussehen. Gerade eben zeichnet sich ein neuer Schweifstrahl in geometrisch idealer Antisolar-Richtung ab, während der hellere Teil nahezu waagerecht werdend dem Kometen vorauszueilen scheint... (durch 30cm-Spiegel F4.2, auf KAF16803 bei -25°C).